Kapitel 2. Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers
Artikel 17
1. In der Rußländischen Föderation werden die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers entsprechend den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts und in Übereinstimmung mit dieser Verfassung anerkannt und garantiert.
2. Die Grundrechte und -freiheiten des Menschen sind unveräußerlich und stehen jedem von Geburt an zu.
3. Die Wahrnehmung der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers darf die Rechte und Freiheiten anderer nicht verletzen.
Artikel 18
Die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers gelten unmittelbar. Sie bestimmen den Sinn, den Inhalt und die Anwendung der Gesetze, die Tätigkeit der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt sowie der örtlichen Selbstverwaltung und werden durch die Rechtsprechung gewährleistet.
Artikel 19
1. Alle sind vor dem Gesetz und vor Gericht gleich.
2. Der Staat garantiert die Gleichheit der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers unabhängig von Geschlecht, Rasse, Nationalität, Sprache, Herkunft, Vermögensverhältnissen und Amtsstellung, Wohnort, religiöser Einstellung, Überzeugungen, Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Vereinigungen oder von anderen Umständen. Jede Form der Einschränkung der Bürgerrechte aus Gründen der sozialen, rassischen, nationalen, sprachlichen oder religiösen Zugehörigkeit ist verboten.
3. Mann und Frau haben gleiche Rechte und Freiheiten und gleiche Möglichkeiten, sie zu verwirklichen.
Artikel 20
1. Jeder hat das Recht auf Leben.
2. Bis zu ihrer Abschaffung kann ein Bundesgesetz die Todesstrafe als außerordentliche Strafmaßnahme für besonders schwere Straftaten gegen das Leben festlegen, wobei dem Beschuldigten das Recht auf Verhandlung seiner Sache durch ein Gericht unter Mitwirkung von Geschworenen gewährt wird.
Artikel 21
1. Die Würde der Person wird vom Staat geschützt. Nichts kann ihre Schmälerung begründen.
2. Niemand darf der Folter, Gewalt oder einer anderen grausamen oder die Menschenwürde erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Niemand darf ohne sein freiwilliges Einverständnis medizinischen, wissenschaftlichen oder anderen Versuchen unterworfen werden.
Artikel 22
1. Jeder hat das Recht auf Freiheit und persönliche Unverletzlichkeit.
2. Arrest, Verhaftung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft sind nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung zulässig. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung darf eine Person nicht länger als 48 Stunden festgehalten werden.
Artikel 23
1. Jeder hat das Recht auf Unverletzlichkeit des Privatlebens, auf Personen- und Familiengeheimnis, auf Schutz seiner Ehre und seines guten Rufes.
2. Jeder hat das Recht auf das Geheimnis des Schriftverkehrs, von Telefongesprächen, postalischen, telegraphischen und anderen Mitteilungen. Eine Einschränkung dieses Rechts ist nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung zulässig.
Artikel 24
1. Das Sammeln, Aufbewahren, Verwenden und Verbreiten von Informationen über das Privatleben einer Person sind ohne deren Einwilligung unzulässig.
2. Die Organe der Staatsgewalt und die Organe der örtlichen Selbstverwaltung sowie ihre Amtsträger sind verpflichtet, jedem die Möglichkeit zur Einsicht in Dokumente und Materialien, die unmittelbar seine Rechte und Freiheiten berühren, zu gewährleisten, wenn ein anderes nicht durch Gesetz vorgesehen ist.
Artikel 25
Die Wohnung ist unverletzlich. Niemand hat das Recht, in eine Wohnung gegen den Willen der dort lebenden Personen einzudringen, außer in den durch Bundesgesetz festgelegten Fällen oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung.
Artikel 26
1. 1 Jeder ist berechtigt, seine nationale Zugehörigkeit zu bestimmen und anzugeben. 2 Niemand darf zur Bestimmung und Angabe seiner nationalen Zugehörigkeit gezwungen werden.
2. Jeder hat das Recht auf Gebrauch der Muttersprache sowie auf freie Wahl der Umgangs-, Erziehungs-, Ausbildungssprache und des künstlerischen Ausdrucks.
Artikel 27
1. Jeder, der sich rechtmäßig auf dem Territorium der Rußländischen Föderation aufhält, hat das Recht, sich frei zu bewegen und seinen Aufenthalts- und Wohnort zu wählen.
2. Jeder kann frei aus der Rußländischen Föderation ausreisen. Der Bürger der Rußländischen Föderation hat das Recht, ungehindert in die Rußländische Föderation zurückzukehren.
Artikel 28
Jedem wird die Gewissensfreiheit und die Glaubensbekenntnisfreiheit garantiert einschließlich des Rechts, sich allein oder gemeinsam mit anderen zu einer beliebigen Religion zu bekennen oder sich zu keiner zu beken-nen, religiöse und andere Überzeugungen frei zu wählen, zu haben und zu verbreiten sowie nach ihnen zu handeln.
Artikel 29
1. Jedem wird die Freiheit des Gedankens und des Wortes garantiert.
2. Unzulässig sind Propaganda und Agitation, die zu sozialem, rassenbedingtem, nationalem oder religiösem Haß und Feindschaft aufstacheln. Verboten ist das Propagieren sozialer, rassenbedingter, nationaler, religiöser und sprachlicher Überlegenheit.
3. Niemand darf gezwungen werden, seine Meinungen und Überzeugungen zu äußern oder sich von ihnen loszusagen.
4. Jeder hat das Recht, auf rechtmäßige gesetzliche Weise Informationen frei zu beschaffen, entgegenzunehmen, weiterzugeben, hervorzubringen und zu verbreiten. Eine Liste der Nachrichten, die ein Staatsgeheimnis darstellen, wird durch Bundesgesetz bestimmt.
5. Die Freiheit der Masseninformation wird garantiert. Zensur ist verboten.
Artikel 30
1. Jeder hat das Recht auf Vereinigung einschließlich des Rechts, Gewerkschaften zum Schutz seiner Interessen zu gründen. Die Betätigungsfreiheit gesellschaftlicher Vereinigungen wird garantiert.
2. Niemand darf zum Eintritt oder zum Verbleib in irgendeiner Vereinigung gezwungen werden.
Artikel 31
Die Bürger der Rußländischen Föderation haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen und Umzüge durchzuführen sowie Streikposten aufzustellen.
Artikel 32
1. Die Bürger der Rußländischen Föderation haben das Recht, an der Verwaltung von Angelegenheiten des Staates sowohl unmittelbar als auch durch ihre Vertreter teilzuhaben.
2. Die Bürger der Rußländischen haben das Recht, die Organe der Staatsgewalt und die Organe der örtlichen Selbstverwaltung zu wählen, in sie gewählt zu werden sowie am Referendum teilzunehmen.
3. Bürger, die gerichtlich für geschäftsunfähig erklärt worden sind oder aufgrund eines Gerichtsurteils in Haftanstalten einsitzen, haben nicht das Recht zu wählen und gewählt zu werden.
4. Die Bürger der Rußländischen Föderation haben gleichen Zugang zum Staatsdienst.
5. Die Bürger der Rußländischen Föderation haben das Recht, sich an der Ausübung der Rechtsprechung zu beteiligen.
Artikel 33
Die Bürger der Rußländischen Föderation haben das Recht, sich persönlich an die Organe der Staatsgewalt und an die Organe der örtlichen Selbstverwaltung zu wenden sowie individuelle und kollektive Eingaben an sie zu richten.
Artikel 34
1. Jeder hat das Recht auf freie Nutzung seiner Fähigkeiten und seines Vermögens zu unternehmerischer und zu anderer nicht durch Gesetz verbotener wirtschaftlicher Tätigkeit.
2. Unzulässig ist die auf Monopolisierung und unlauteren Wettbewerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit.
Artikel 35
1. Das Recht des Privateigentums wird durch Gesetz geschützt.
2. Jeder ist berechtigt, Vermögen allein oder gemeinsam mit anderen zu Eigentum zu haben, zu besitzen, zu nutzen und darüber zu verfügen.
3. Niemandem darf sein Vermögen entzogen werden, es sei denn auf Entscheidung eines Gerichts. Zwangsenteignung für staatliche Bedürfnisse darf nur bei vorheriger und gleichwertiger Entschädigung durchgeführt werden.
4. Das Erbrecht wird garantiert.
Artikel 36
1. Die Bürger und ihre Vereinigungen sind berechtigt, Grund und Boden zu Privateigentum zu haben.
2. Besitz und Nutzung des Bodens und anderer Naturvorräte sowie die Verfügung über sie werden durch ihre Eigentümer frei ausgeübt, sofern dies nicht der Umwelt Schaden zufügt und nicht die Rechte und gesetzlich geschützten Interessen anderer verletzt.
3. Bedingungen und Verfahren der Bodennutzung werden aufgrund Bundesgesetzes bestimmt.
Artikel 37
1. Die Arbeit ist frei. Jeder hat das Recht, frei über seine Arbeitsfähigkeiten zu verfügen und die Art seiner Tätigkeit und seines Berufes frei zu wählen.
2. Zwangsarbeit ist verboten.
3. Jeder hat das Recht auf Arbeitsbedingungen, die den Sicherheits- und Hygieneerfordernissen entsprechen, auf Arbeitsentgelt ohne wie auch immer geartete Diskriminierung und nicht unter dem Maß des durch Bundesge-setz festgelegten Mindestlohns sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
4. Das Recht auf individuellen und kollektiven Arbeitsstreitigkeiten unter Anwendung der durch Bundesgesetz festgelegten Mittel zu seiner Entscheidung, einschließlich des Streikrechts, wird anerkannt.
5. Jeder hat das Recht auf Erholung. Dem arbeitsvertraglich Beschäftigten werden die bundesgesetzlichen Festlegungen der Arbeitszeit, der wöchentlichen Ruhetage, der Feiertage und des bezahlten Jahresurlaubs garantiert.
Artikel 38
1. Mutter und Kind sowie die Familie stehen unter dem Schutz des Staates.
2. Die Sorge um die Kinder und ihre Erziehung sind gleiches Recht und Pflicht der Eltern.
3. Erwerbsfähige Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen für ihre nicht erwerbsfähigen Eltern sorgen.
Artikel 39
1. Jedem wird soziale Sicherung im Alter, bei Krankheit, Invalidität und Verlust des Ernährers, für die Erziehung der Kinder und in anderen gesetzlich festgelegten Fällen garantiert.
2. Die staatlichen Renten und die sozialen Beihilfen werden durch Gesetz festgelegt.
3. Die freiwillige Sozialversicherung, die Schaffung zusätzlicher Formen der sozialen Sicherung und die freie Wohlfahrtspflege werden gefördert.
Artikel 40
1. Jeder hat das Recht auf Wohnung. Niemandem darf willkürlich die Wohnung entzogen werden.
2. Die Organe der Staatsgewalt und die Organe der örtlichen Selbstverwaltung fördern den Wohnungsbau und schaffen die Bedingungen für die Verwirklichung des Rechts auf Wohnung.
3. Bedürftigen und anderen durch Gesetz bezeichneten Bürgern, die eine Wohnung benötigen, wird diese unentgeltlich oder zu einem erschwinglichen Preis aus staatlichen, kommunalen oder anderen Wohnungsbeständen nach gesetzlich festgelegten Normen bereitgestellt.
Artikel 41
1. Jeder hat das Recht auf Schutz der Gesundheit und auf medizinische Hilfe. Medizinische Hilfe in staatlichen und kommunalen Einrichtungen des Gesundheitsschutzes wird den Bürgern unentgeltlich zu Lasten des entsprechenden Haushalts, von Versicherungsbeiträgen und anderen Einnahmen geleistet.
2. In der Rußländischen Föderation werden Bundesprogramme zum Schutz und zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung finanziert, Maßnahmen zur Entwicklung des staatlichen, kommunalen und privaten Systems des Gesundheitsschutzes ergriffen und die Tätigkeit, die die Stärkung der Gesundheit des Menschen, die Entwicklung von Körperkultur und Sport sowie die ökologische und hygienisch-epidemiologische Wohlfahrt unterstützt, gefördert.
3. Amtsträger, die Tatsachen und Umstände verheimlichen, die eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen darstellen, haften gemäß Bundesgesetz.
Arlikel 42
Jeder hat das Recht auf wohlbehaltene Umwelt, auf verläßliche Information über ihren Zustand sowie auf Ersatz des Schadens, der seiner Gesundheit oder seinem Vermögen durch ökologische Rechtsverletzung zugefügt worden ist.
Artikel 43
1. Jeder hat das Recht auf Bildung.
2. Die allgemeine Zugänglichkeit und die Unentgeltlichkeit der Vorschul-, der grundlegenden Allgemein- und der mittleren Berufsbildung in staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtungen und in Betrieben wird garantiert.
3. Jeder ist berechtigt, aufgrund eines Auswahlverfahrens mit Wettbewerbscharakter unentgeltlich eine Hoch-schulbildung in einer staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtung oder in einem Betrieb zu erhalten.
4. Die grundlegende Allgemeinbildung ist obligatorisch. Die Eltern oder die sie ersetzenden Personen gewährleisten, daß die Kinder die grundlegende Allgemeinbildung erhalten.
5. Die Rußländische Föderation legt bundeseinheitliche staatliche Bildungsstandards fest und unterstützt die unterschiedlichen Formen der Bildung und der Selbstbildung.
Artikel 44
1. Jedem wird die Freiheit literarischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, technischer und anderer Arten schöpferischer Tätigkeit sowie die Freiheit der Lehre garantiert. Das geistige Eigentum wird gesetzlich geschützt.
2. Jeder hat das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben, auf Nutzung kultureller Einrichtungen und auf Zugang zu kulturellen Werten.
3. Jeder ist verpflichtet, für den Erhalt des historischen und des kulturellen Erbes zu sorgen und die Geschichts- und Kulturdenkmäler zu bewahren.
Artikel 45
1. Der staatliche Schutz der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers in der Rußländischen Föderation wird garantiert.
2. Jeder ist berechtigt, seine Rechte und Freiheiten mit allen Mitteln, die nicht gesetzlich verboten sind, zu verteidigen.
Artikel 46
1. Jedem wird der gerichtliche Schutz seiner Rechte und Freiheiten garantiert.
2. Gegen Entscheidungen und Handlungen (oder die Untätigkeit) der Organe der Staatsgewalt, der Organe der örtlichen Selbstverwaltung, der gesellschaftlichen Vereinigungen und Amtsträger steht der Rechtsweg offen.
3. Jeder ist berechtigt, sich gemäß den völkerrechtlichen Verträgen der Rußländischen Föderation an die zwischenstaatlichen Organe zum Schutz der Menschenrechte und -freiheiten zu wenden, wenn alle bestehenden innerstaatlichen Mittel des Rechtsschutzes ausgeschöpft sind.
Artikel 47
1. Niemandem darf das Recht auf Verhandlung seiner Sache vor dem Gericht und durch die Richter, die gesetzlich für sie zuständig sind, entzogen werden.
2. Der einer Straftat Beschuldigte hat in den durch Bundesgesetz vorgesehenen Fällen das Recht auf Verhandlung seiner Sache durch ein Gericht unter Mitwirkung von Geschworenen.
Artikel 48
1. Jedem wird das Recht garantiert, qualifizierten juristischen Beistand zu erhalten. In den durch Gesetz vorgesehenen Fällen wird der juristische Beistand unentgeltlich geleistet.
2. Jeder Festgenommene, Verhaftete oder einer Straftat Beschuldigte hat das Recht, sich des Beistands eines Rechtsanwalts (Verteidigers) vom Moment seiner Festnahme, Verhaftung oder Beschuldigung an zu bedienen.
Artikel 49
1. Jeder einer Straftat Beschuldigte gilt als unschuldig, solange seine Schuld nicht in dem durch Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren bewiesen und durch rechtskräftiges Gerichtsurteil festgestellt worden ist.
2. Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, seine Unschuld zu beweisen.
3. Unüberwindliche Zweifel an der Schuld einer Person werden zugunsten des Beschuldigten ausgelegt.
Artikel 50
1. Niemand darf wegen ein und derselben Straftat mehrmals verurteilt werden.
2. Bei der Ausübung der Rechtsprechung sind Beweise, die unter Verletzung eines Bundesgesetzes erlangt worden sind, nicht verwertbar.
3. Jeder wegen einer Straftat Verurteilte hat das Recht auf Überprüfung des Urteils durch ein höheres Gericht in dem durch Bundesgesetz festgelegten Verfahren sowie das Recht, um Begnadigung oder Strafmilderung nachzusuchen.
Artikel 51
1. Niemand ist verpflichtet, gegen sich selbst, gegen seinen Ehegatten oder gegen nahe Verwandte, deren Kreis durch Bundesgesetz bestimmt wird, auszusagen.
2. Durch Bundesgesetz können andere Fälle des Zeugnisverweigerungsrechts festgelegt werden.
Artikel 52
Die Rechte der Opfer von Straftaten oder von Machtmißbrauch werden durch Gesetz geschützt. Der Staat gewährleistet den Opfern den Zugang zur Gerichtsbarkeit und den Ersatz des zugefügten Schadens.
Artikel 53
Jeder hat das Recht auf staatlichen Ersatz des Schadens, der durch ungesetzliches Handeln (oder Unterlassen) der Organe der Staatsgewalt oder ihrer Amtsträger verursacht wurde.
Artikel 54
1. Ein Gesetz, das Haftung begründet oder verschärft, hat keine rückwirkende Kraft.
2. Niemand haftet für eine Tat, die im Zeitpunkt ihrer Begehung nicht als Rechtsverletzung galt. Wird nach der Begehung der Rechtsverletzung die Haftung für sie aufgehoben oder gemildert, so gilt das neue Gesetz.
Artikel 55
1. Die Aufzählung der Grundrechte und Grundfreiheiten in der Verfassung der Rußländischen Föderation darf nicht als Verneinung oder Schmälerung anderer allgemein anerkannter Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers ausgelegt werden.
2. In der Rußländischen Föderation dürfen keine Gesetze erlassen werden, die die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers aufheben oder schmälern.
3. Die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers können durch Bundesgesetz nur in dem Maße eingeschränkt werden, wie dies zum Schutz der Grundlagen der Verfassungsordnung, der Moral, der Gesundheit, der Rechte und gesetzlichen Interessen anderer sowie zur Gewährleistung der Landesverteidigung und Staatssicherheit notwendig ist.
Artikel 56
1. Unter den Bedingungen des Ausnahmezustandes können zur Gewährleistung der Sicherheit der Bürger und zum Schutz der Verfassungsordnung in Übereinstimmung mit einem Bundesverfassungsgesetz einzelne Beschränkungen der Rechte und Freiheiten unter Angabe ihrer Grenzen und ihrer Geltungsfrist festgelegt werden.
2. Der Ausnahmezustand auf dem gesamten Territorium der Rußländischen Föderation und in einzelnen ihrer Gegenden kann unter den Umständen und nach dem Verfahren verhängt werden, die durch Bundesverfassungs-gesetz festgelegt sind.
3. Die in den Artikeln 20, 21, 23 Abs. 1, 24, 28, 34 Abs. 1, 40 Abs. 1, 46-54 der Verfassung der Rußländischen Föderation vorgesehenen Rechte und Freiheiten unterliegen keiner Einschränkung.
Artikel 57
Jeder ist verpflichtet, die rechtmäßig festgesetzten Steuern und sonstige Abgaben zu zahlen. Gesetze, die neue Steuern einführen oder die Lage der Steuerzahler verschlechtern, haben keine rückwirkende Kraft.
Artikel 58
Jeder ist verpflichtet, die Natur und die Umwelt zu erhalten und sorgsam mit den Naturreichtümern umzugehen.
Artikel 59
1. Der Schutz des Vaterlandes ist Schuldigkeit und Pflicht des Bürgers der Rußländischen Föderation.
2. Der Bürger der Rußländischen Föderation leistet Militärdienst gemäß dem Bundesgesetz.
3. Der Bürger der Rußländischen Föderation hat das Recht, falls die Ableistung des Militärdienstes seinen Überzeugungen oder seinem Glaubensbekenntnis widerspricht, und ebenso in anderen durch Bundesgesetz festgelegten Fällen statt dessen einen zivilen Ersatzdienst zu leisten.
Artikel 60
Von seinem 18. Lebensjahr an kann der Bürger der Rußländischen Föderation selbständig in vollem Umfang seine Rechte und Pflichten wahrnehmen.
Artikel 61
1. Der Bürger der Rußländischen Föderation darf nicht aus der Rußländischen Föderation ausgewiesen oder an einen anderen Staat ausgeliefert werden.
2. Die Rußländische Föderation garantiert ihren Bürgern Fürsorge und Schutz über ihre Grenzen hinaus.
Artikel 62
1. Der Bürger der Rußländischen Föderation kann in Übereinstimmung mit Bundesgesetz oder völkerrechtlichem Vertrag die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzen (doppelte Staatsangehörigkeit).
2. Besitzt ein Bürger der Rußländischen Föderation die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Staates, so schmälert dies nicht seine Rechte und Freiheiten und befreit ihn nicht von den sich aus der rußländischen Staatsangehörigkeit ergebenden Pflichten, wenn nicht ein anderes durch Bundesgesetz oder völkerrechtlichen Vertrag der Rußländischen Föderation vorgesehen ist.
3. Ausländer und Staatenlose genießen in der Rußländischen Föderation die gleichen Rechte und tragen die gleichen Pflichten wie die Bürger der Rußländischen Föderation, außer in den durch Bundesgesetz oder völkerrechtlichen Vertrag der Rußländischen Föderation festgelegten Fällen.
Artikel 63
1. Die Rußländische Föderation gewährt Ausländern und Staatenlosen politisches Asyl entsprechend den allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts.
2. In der Rußländischen Föderation ist die Auslieferung von Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung sowie wegen in der Rußländischen Föderation nicht als Straftaten angesehenen Handlungen (oder Unterlassung), verfolgt werden, an andere Staaten unzulässig. Die Auslieferung von Personen, die einer Straftat beschuldigt sind, und ebenso von Verurteilten, die ihre Strafe in anderen Staaten verbüßen sollen, richtet sich nach Bundesgesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Rußländischen Föderation.
Artikel 64
Die Bestimmungen dieses Kapitels bilden die Grundlagen der Rechtsstellung des Einzelnen in der Rußländischen Föderation und dürfen nur in dem durch die vorliegende Verfassung festgelegten Verfahren geändert werden.
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