Kapitel 4. Der Präsident der Rußländischen Föderation
Artikel 80
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation ist das Staatsoberhaupt.
2. Der Präsident der Rußländischen Föderation ist Garant der Verfassung der Rußländischen Föderation sowie der Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers. Gemäß dem durch die Verfassung der Rußländischen Föderation festgelegten Verfahren ergreift er Maßnahmen zum Schutz der Souveränität der Rußländischen Föderation, ihrer Unabhängigkeit und staatlichen Integrität und gewährleistet das aufeinander abgestimmte Funktionieren und Zusammenwirken der Organe der Staatsgewalt.
3. Der Präsident der Rußländischen Föderation bestimmt in Übereinstimmung mit der Verfassung der Rußländischen Föderation und den Bundesgesetzen die Richtlinien der Innen- und Außenpolitik des Staates.
4. Der Präsident der Rußländischen Föderation vertritt als Staatsoberhaupt die Rußländische Föderation innerhalb des Landes und in den internationalen Beziehungen.
Artikel 81
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation wird von den Bürgern der Rußländischen Föderation auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und unmittelbaren Wahlrechts in geheimer Abstimmung auf sechs Jahre gewählt.
2. Zum Präsidenten der Rußländischen Föderation kann ein Bürger der Rußländischen Föderation gewählt werden, der nicht jünger als 35 Jahre ist und seit mindestens 10 Jahren ständig in der Rußländischen Föderation lebt.
3. Ein und dieselbe Person kann das Präsidentenamt nicht länger als zwei Amtsperioden in Folge innehaben.
4. Das Verfahren der Wahl des Präsidenten der Rußländischen Föderation wird durch Bundesgesetz bestimmt.
Artikel 82
1. Bei Amtsantritt leistet der Präsident der Rußländischen Föderation dem Volk folgenden Eid:
"Ich schwöre, bei der Ausübung der Befugnisse des Präsidenten der Rußländischen Föderation die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers zu achten und zu schützen, die Verfassung der Rußländischen Föderation einzuhalten und zu verteidigen, die Souveränität, Unabhängigkeit, Sicherheit und Integrität des Staates zu verteidigen und dem Volke treu zu dienen".
2. Der Eid wird in feierlichem Rahmen in Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates, der Abgeordneten der Staatsduma und der Richter des Verfassungsgerichts der Rußländischen Föderation geleistet.
Artikel 83
Der Präsident der Rußländischen Föderation:
a) ernennt mit Zustimmung der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung der Rußländischen Föderation;
b) hat das Recht, bei Sitzungen der Regierung der Rußländischen Föderation den Vorsitz zu führen;
c) entscheidet über die Frage des Rücktritts der Regierung der Rußländischen Föderation;
d) präsentiert der Staatsduma die Kandidatur für das Amt des Vorsitzenden der Zentralbank der Rußländi-schen Föderation; legt der Staatsduma die Frage der Entlassung des Vorsitzenden der Zentralbank der Rußländschen Föderation vor;
e) ernennt und entläßt auf Vorschlag des Vorsitzenden der Regierung der Rußländischen Föderation die Stellvertreter des Vorsitzenden der Regierung der Rußländischen Föderation und die Bundesminister;
f) präsentiert dem Bundesrat die Kandidaturen für die Ernennung zu Richtern des Verfassungsgerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Gerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Arbitragegerichts der Rußländischen Föderation, sowie die Kandidatur für das Amt des Generalstaatsanwalts der Rußländischen Föderation; bringt den Vorschlag für die Entlassung des Generalstaatsanwalts der Rußländischen Föderation in den Bundesrat ein; ernennt die Richter der anderen Bundesgerichte;
g) bildet und leitet den Sicherheitsrat der Rußländischen Föderation, dessen Status durch Bundesgesetz bestimmt wird;
h) bestätigt die Militärdoktrin der Rußländischen Föderation;
i) bildet die Verwaltung des Präsidenten der Rußländischen Föderation;
j) ernennt und entläßt die bevollmächtigten Vertreter des Präsidenten der Rußländischen Föderation;
k) ernennt und entläßt das Oberkommando der Streitkräfte der Rußländischen Föderation;
l) ernennt und beruft ab nach Konsultierung der entsprechenden Komitees oder Kommissionen der Kammern der Bundesversammlung die diplomatischen Vertreter der Rußländischen Föderation in ausländischen Staaten und bei internationalen Organisationen.
Artikel 84
Der Präsident der Rußländischen Föderation:
a) beraumt im Übereinstimmung mit der Verfassung der Rußländischen Föderation und dem Bundesgesetz die Wahlen zur Staatsduma an;
b) löst die Staatsduma in den Fällen und nach dem Verfahren auf, die in der Verfassung der Rußländischen Föderation vorgesehen sind;
c) beraumt ein Referendum an in dem Verfahren, das durch Bundesverfassungsgesetz festgelegt ist;
d) bringt Gesetzentwürfe in die Staatsduma ein;
e) unterzeichnet und verkündet die Bundesgesetze;
f) wendet sich an die Bundesversammlung mit alljährlichen Botschaften über die Lage im Lande und über die Grundrichtungen der Innen- und Außenpolitik des Staates.
Artikel 85
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation kann Schlichtungsverfahren anwenden zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Organer Staatsgewalt der Rußländischen Föderation und Organen der Staatsgewalt von Subjekten der Rußländischen Föderation, ebenso wie zwischen Organen der Staatsgewalt von Subjekten der Rußländischen Föderation. Wird keine einvernehmliche Lösung erreicht, so kann er die Ent-scheidung des Streits dem entsprechenden Gericht zur Prüfung vorlegen.
2. Der Präsident der Rußländischen Föderation ist berechtigt, den Vollzug von Akten der Vollzugsorgane der Subjekte der Rußländischen Föderation, die der Verfassung der Rußländischen Föderation, Bundesgesetzen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen der Rußländischen Föderation widersprechen oder die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers verletzen, bis zur Klärung dieser Frage durch das entsprechende Gericht auszusetzen.
Artikel 86
Der Präsident der Rußländischen Föderation:
a) hat die Leitung der Außenpolitik der Rußländischen Föderation inne;
b) führt Verhandlungen und unterzeichnet die völkerrechtlichen Verträge der Rußländischen Föderation;
c) unterzeichnet die Ratifikationsurkunden;
d) nimmt die Beglaubigungs- und Abberufungsurkunden der bei ihm akkreditierten diplomatischen Vertreter entgegen.
Artikel 87
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Rußländischen Föde-ration.
2. Im Falle eines Angriffs gegen die Rußländische Föderation oder eines unmittelbar drohenden Angriffs verhängt der Präsident der Rußländischen Föderation unter unverzüglicher Benachrichtigung des Bundesrates und der Staatsduma den Kriegszustand über das Territorium der Rußländischen Föderation oder einzelne ihrer Gegenden.
3. Das Regime des Kriegszustands wird durch Bundesverfassungsgesetz bestimmt.
Artikel 88
Der Präsident der Rußländischen Föderation verhängt unter sofortiger Benachrichtigung des Bundesrates und der Staatsduma unter den Umständen und in dem Verfahren, die durch Bundesverfassungsgesetz vorgesehen sind, über das Territorium der Rußländischen Föderation oder einzelne ihrer Gegenden den Ausnahmezustand.
Artikel 89
Der Präsident der Rußländischen Föderation:
a) entscheidet Fragen der Staatsangehörigkeit der Rußländischen Föderation und der Gewährung politischen Asyls;
b) verleiht die staatlichen Auszeichnungen der Rußländischen Föderation, die Ehrentitel der Rußländischen Föderation sowie die höchsten militärischen Ränge und die höchsten Dienstränge;
c) übt das Begnadigungsrecht aus.
Artikel 90
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation erläßt Ukaze und Verfügungen.
2. Ukaze und Verfügungen des Präsidenten der Rußländischen Föderation müssen auf dem gesamten Territorium der Rußländischen Föderation ausgeführt werden.
3. Ukaze und Verfügungen des Präsidenten der Rußländischen Föderation dürfen der Verfassung der Rußländische Föderation und den Bundesgesetzen nicht widersprechen.
Artikel 91
Der Präsident der Rußländischen Föderation genießt Immunität.
Artikel 92
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation beginnt die Ausübung seiner Amtsbefugnisse mit seiner Eidesleistung und beendet sie nach dem Ablauf seiner Amtsperiode mit der Eidesleistung des neu gewählten Präsidenten der Rußländischen Föderation.
2. Der Präsident der Rußländischen Föderation beendet die Ausübung seiner Amtsbefugnisse vorzeitig im Fall seines Rücktritts, im Fall, daß er die ihm zukommenden Befugnisse aus Gesundheitsgründen nicht wahrnehmen kann, oder durch Amtsenthebung. In diesen Fällen müssen Wahlen zum Präsidenten der Rußländischen Föderation spätestens drei Monate ab vorzeitiger Amtsbeendigung stattfinden.
3. In allen Fällen, in denen der Präsident der Rußländischen Föderation nicht in der Lage ist, seine Pflichten wahrzunehmen, erfüllt sie vorübergehend der Vorsitzende der Regierung der Rußländischen Föderation. Der geschäftsführende Präsident der Rußländischen Föderation hat nicht das Recht, die Staatsduma aufzulösen, ein Referendum anzusetzen und Vorlagen über Änderungen oder eine Überarbeitung von Bestimmungen der Verfassung der Rußländischen Föderation einzubringen.
Artikel 93
1. Der Präsident der Rußländischen Föderation kann durch den Bundesrat nur dann seines Amtes enthoben werden, wenn die Staatsduma die Anklage des Staatsverrats oder der Begehung einer anderen schweren Straftat erhoben hat, die durch ein Gutachten des Obersten Gerichts der Rußländischen Föderation über das Vorliegen von Straftatmerkmalen in Handlungen des Präsidenten der Rußländischen Föderation und durch ein Gutachten des Verfassungsgerichts der Rußländischen Föderation darüber, daß die Anklageerhebung dem vorgeschriebenen Verfahren entspricht, bestätigt worden ist.
2. Die Entscheidung der Staatsduma über eine Anklageerhebung und die Entscheidung des Bundesrates über die Amtsenthebung des Präsidenten muß mit zwei Dritteln der Gesamtstimmzahl in jeder der Kammern auf In-itiative von mindestens einem Drittel der Abgeordneten der Staatsduma und unter Vorliegen eines Gutachtens einer von der Staatsduma gebildeten Sonderkommission angenommen werden.
3. Die Entscheidung des Bundesrates der Rußländischen Föderation über die Amtsenthebung des Präsidenten der Rußländischen Föderation muß spätestens drei Monate nach Anklageerhebung der Staatsduma gegen den Präsidenten erfolgen. Wenn in dieser Frist keine Entscheidung des Bundesrates angenommen wird, gilt die Anklage gegen den Präsidenten als abgewiesen.
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