Kapitel 7. Die rechtsprechende Gewalt
Artikel 118
1. Die Rechtsprechung wird in der Rußländischen Föderation nur durch das Gericht ausgeübt.
2. Die rechtsprechende Gewalt wird im Wege des Verfassungs-, Zivil-, Verwaltungs- und Strafgerichtsverfahrens ausgeübt.
3. Das Gerichtssystem der Rußländischen Föderation wird durch die Verfassung der Rußländischen Föderation und ein Bundesverfassungsgesetz festgelegt. Die Errichtung von Ausnahmegerichten ist unzulässig.
Artikel 119
Richter können Bürger der Rußländischen Föderation sein, die das 25. Lebensjahr vollendet haben sowie über eine juristische Hochschulausbildung und eine juristische Berufspraxis von mindestens fünf Jahren verfügen. Durch ein Bundesgesetz können zusätzliche Anforderungen an Richter an Gerichten der Rußländischen Föderation gestellt werden.
Artikel 120
1. Die Richter sind unabhängig und nur der Verfassung der Rußländischen Föderation und dem Bundesgesetz unterworfen.
2. Hat ein Gericht bei der Verhandlung einer Sache festgestellt, daß ein Akt eines staatlichen oder anderen Organs nicht mit dem Gesetz übereinstimmt, so entscheidet es gemäß dem Gesetz.
Artikel 121
1. Die Richter sind nicht absetzbar.
2. Die Amtsbefugnisse eines Richters können nur aus den Gründen und in dem Verfahren aufgehoben oder suspendiert werden, die bundesgesetzlich festgelegt sind.
Artikel 122
1. Richter genießen Immunität.
2. Ein Richter darf nur in dem durch ein Bundesgesetz bestimmten Verfahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Artikel 123
1. Die Verhandlung ist in allen Gerichten öffentlich. Verhandlungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit sind in den durch ein Bundesgesetz vorgesehenen Fällen zulässig.
2. Eine gerichtliche Verhandlung von Strafsachen in Abwesenheit des Angeklagten ist außer in den durch ein Bundesgesetz vorgesehenen Fällen unzulässig.
3. Das Gerichtsverfahren wird auf der Grundlage des kontradiktorischen Prinzips und der Gleichberechtigung der Parteien durchgeführt.
4. In den durch ein Bundesgesetz vorgesehenen Fällen findet das Gerichtsverfahren unter Mitwirkung von Geschworenen statt.
Artikel 124
Die Finanzierung der Gerichte erfolgt ausschließlich aus dem Bundeshaushalt und soll die Möglichkeit einer vollständigen und unabhängigen Ausübung der Rechtsprechung in Übereinstimmung mit dem Bundesgesetz gewährleisten.
Artikel 125
1. Das Verfassungsgericht der Rußländischen Föderation besteht aus 19 Richtern.
2. Das Verfassungsgericht der Rußländischen Föderation entscheidet auf Ersuchen des Präsidenten der Rußländi-schen Föderation, des Bundessrates, der Staatsduma, eines Fünftels der Mitglieder des Bundesrates oder der Abgeordneten der Staatsduma, der Regierung der Rußländischen Föderation, des Obersten Gerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Arbitragegerichts der Rußländischen Föderation und den Organen der gesetz-gebenden und vollziehenden Gewalt der Subjekte der Rußländischen Föderation über die Vereinbarkeit mit der Verfassung der Rußländischen Föderation von
a) Bundesgesetzen und Normativakten des Präsidenten der Rußländischen Föderation, des Bundesrates, der Staatsduma und der Regierung der Rußländischen Föderation;
b) Verfassungen der Republiken, Statuten sowie Gesetzen und anderen Normativakten der Subjekte der Rußländischen Föderation, die zu Fragen erlassen wurden, die in die Zuständigkeit der Organe der Staatsgewalt der Rußländischen Föderation und in die gemeinsame Zuständigkeit der Organe der Staatsgewalt der Rußländischen Föderation und der Organe der Staatsgewalt der Subjekte der Rußländischen Föderation fallen;
c) Verträgen zwischen den Organen der Staatsgewalt der Rußländischen Föderation und den Organen der Staats-gewalt der Subjekte der Rußländischen Föderation sowie Verträgen zwischen den Organen der Staatsgewalt der Subjekte der Rußländischen Föderation;
d) nicht in Kraft getretenen völkerrechtlichen Verträgen der Rußländischen Föderation.
3. Das Verfassungsgericht entscheidet Kompetenzstreitigkeiten
a) zwischen Organen der Staatsgewalt des Bundes;
b) zwischen Organen der Staatsgewalt der Rußländischen Föderation und Organen der Staatsgewalt der Subjekte der Rußländischen Föderation;
c) zwischen den höchsten Staatsorganen der Subjekte der Rußländischen Föderation.
4. Das Verfassungsgericht überprüft in dem durch ein Bundesgesetz festgelegten Verfahren auf Beschwerden gegen die Verletzung verfassungsmäßiger Rechte und Freiheiten der Bürger oder auf Ersuchen von Gerichten die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, das in einem konkreten Fall angewendet worden ist oder angewendet werden soll.
5. Das Verfassungsgericht der Rußländischen Föderation legt auf Ersuchen des Präsidenten der Rußländischen Föderation, des Bundesrates, der Staatsduma, der Regierung der Rußländischen Föderation und der Gesetzge-bungsorgane der Subjekte der Rußländischen Föderation die Verfassung der Rußländischen Föderation aus.
6. Akte oder einzelne ihrer Bestimmungen, die für verfassungswidrig erklärt werden, treten außer Kraft; völkerrechtliche Verträge der Rußländischen Föderation, die der Verfassung der Rußländischen Föderation widerspre-chen, dürfen nicht in Kraft gesetzt und angewendet werden.
7. Das Verfassungsgericht der Rußländischen Föderation erstattet auf Ersuchen des Bundesrates ein Gutachten darüber, ob bei der Erhebung einer Anklage gegen den Präsidenten der Rußländischen Föderation wegen Staatsverrats oder wegen der Begehung einer anderen schweren Straftat das dafür festgelegte Verfahren eingehalten worden ist.
Artikel 126
Das Oberste Gericht der Rußländischen Föderation ist das höchste Gerichtsorgan für Zivil-, Straf-, Verwaltungs- und andere Sachen, für die die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig sind, führt die Aufsicht über deren Tätigkeit in den durch ein Bundesgesetz vorgesehenen prozessualen Formen und gibt Erläuterungen zu Fragen der Rechtsprechung.
Artikel 127
Das Oberste Arbitragegericht der Rußländischen Föderation ist das höchste Gerichtsorgan zur Entscheidung von Wirtschaftsstreitigkeiten und anderer Sachen, die von den Arbitragegerichten verhandelt werden, führt die Aufsicht über deren Tätigkeit in den durch ein Bundesgesetz vorgesehenen prozessualen Formen und gibt Erläute-rungen zu Fragen der Gerichtspraxis.
Artikel 128
1. Die Richter des Verfassungsgerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Gerichts der Rußländischen Föderation und des Obersten Arbitragegerichts werden vom Bundesrat auf Vorschlag des Präsidenten der Rußländischen Föderation ernannt.
2. Die Richter der anderen Bundesgerichte werden durch den Präsidenten der Rußländischen Föderation in dem durch ein Bundesgesetz festgelegten Verfahren ernannt.
3. Die Zuständigkeiten sowie das Verfahren der Bildung und der Tätigkeit des Verfassungsgerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Gerichts der Rußländischen Föderation, des Obersten Arbitragegerichts der Rußländischen Föderation und der anderen Bundesgerichte werden durch ein Bundesverfassungsgesetz festgelegt.
Artikel 129
1. Die Staatsanwaltschaft der Rußländischen Föderation stellt ein einheitliches zentralisiertes System dar, in dem die untergeordneten Staatsanwälte den übergeordneten Staatsanwälten und dem Generalstaatsanwalt unterstellt sind.
2. Der Generalstaatsanwalt der Rußländischen Föderation wird vom Bundesrat auf Vorschlag des Präsidenten der Rußländischen Föderation in sein Amt eingesetzt und aus seinem Amt entlassen.
3. Die Staatsanwälte der Subjekte der Rußländischen Föderation werden vom Generalstaatsanwalt der Rußländischen Föderation mit Zustimmung ihrer Subjekte ernannt.
4. Die anderen Staatsanwälte werden vom Generalstaatsanwalt der Rußländischen Föderation ernannt.
5. Zuständigkeiten, Organisation sowie die Art und Weise der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft der Rußländischen Föderation werden durch ein Bundesgesetz bestimmt.
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